Der Stadtteiltreff „Offenes Ohr“ des SKJ e.V. in der Wichlinghauser Straße war Gastgeber der letzten Sitzung des Beirates zum Verfügungsfonds in diesem Jahr. Hier wurden zwei neue Projekte bewilligt und über künftige Kriterien für die Beurteilung von Projektanträgen diskutiert. Zur Klärung juristischer und inhaltlicher Fragen ist eine Handreichung in Arbeit.
Antragsbewilligung 1: Der Schulverein der Gemeinschaftsgrundschule Mercklinghausstraße e.V. kann sein beantragtes Zirkusprojekt in Angriff nehmen. Ende März 2017 werden alle etwa 315 Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Zirkus Toussini eine Woche lang verschiedenste Kunststücke in den Bereichen Jonglage, Einradfahren, Zaubern, Akrobatik, Fakir oder Clownerie erlernen. Am Ende der Woche wird die erarbeitete Zirkus-Show in zwei Vorstellungen in der schuleigenen Turnhalle, in einem Indoor-Zelt, dem Publikum präsentiert.
Die dann angeschafften Requisiten und Geräte verschaffen der Schule zudem die Möglichkeit, künftig eine Zirkus-AG als Angebot für die Kinder einzurichten.
Das Projekt spannt darüber hinaus ein sehr weites und nachhaltiges Kooperationsnetz mit Einrichtungen rund um den Klingholzberg: Das Kinder- und Jugendzentrum, der SKF, die Initiative von Pastor Stobbe, das Bornscheuerhaus, Kitas, die Gesamtschule Langerfeld und andere werden an der Realisierung des Projekts beteiligt. Damit stärkt das Vorhaben die Stadtteilkultur, intensiviert das Zusammenleben und das kommunikative Miteinander der beteiligten Bevölkerungsgruppen und verbessert die Außenwahrnehmung des Quartiers.
Die Schulleiterin Babette Teichmann und ihr Team brachten es während der Beiratssitzung auf den Punkt: „Wenn wir es schaffen, diese Kinder stark zu machen, dann machen wir auch unseren Stadtteil stark!“
Ohne eine Förderung durch den Verfügungsfonds der Sozialen Stadt wäre das Projekt nicht realisierbar, da die Eltern der Schulkinder die Kosten nicht aufbringen könnten.
Antragsbewiiligung 2: Der Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V. kann die zweite Runde seines Projekts „Memory Mapping“ starten.
Zum einen wird die Geschichte der Wuppertal Sinti und Roma, die ab 1941 am Klingholzberg wohnen mussten und im März 1943 nach Auschwitz deportiert wurden, aufgearbeitet. Kontakte zu in Deutschland verstreut lebenden Hinterbliebenen der ermordeten Sinti und Roma bestehen bereits. Mit ihnen werden Interviews geführt und aufgezeichnet. Mit dem gesammelten Material soll eine „sprechende Gedenktafel“, die an die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma vom Klingholzberg erinnert, entwickelt und an geeigneter Stelle installiert werden.
Zum anderen geht es um „Geschichten vom Klingholzberg“ nach 1945. Hier wird die ausgrenzte, fast vergessene Gruppe der ehemaligen BewohnerInnen der Obdachlosensiedlung Klingholzberg in Erinnerung gerufen. Vor allem die kinderreichen Mütter, die unter unvorstellbaren hygienischen Bedingungen ihre Kinder großzogen und häufig mit gewalttätigen und alkoholabhängigen Männern zurechtkommen mussten, sollen gewürdigt werden. Dazu plant der Verein eine Versammlung mit den ehemaligen BewohnerInnen des Klingholzberg. Interviews sollen als stadthistorische Quelle verfügbar gemacht, einzelne Audio-Ausschnitte für eine Website und für ein Radio-Feature verwendet werden. Ergänzend sind eine Internetpräsentation und eine Ausstellung von alten Fotografien der ehemaligen Klingholzberger geplant.
Auch dieses Teilprojekt soll in die Installierung einer „sprechenden Erinnerungstafel“ münden.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Hochschulen, Studierenden, Ehrenamtlichen und bereits bestehenden Initiativen (etwa der SkF) sollen mit dem Projekt zwei vergessene Bevölkerungsgruppen, die im öffentlichen Gedächtnis der Stadt Wuppertal keine Rolle mehr spielen, endlich gewürdigt werden.
Im Anschluss an die Antragsberatung diskutierte der Beirat mit den QuartiermanagerInnen und Patricia Knabenschuh sowie Britta Jobst vom zuständigen Ressort über die künftige Ausrichtung der Beiratsarbeit.
Gegenwärtig wird eine „Handreichung“ ausgearbeitet, die viele häufig gestellte juristische und inhaltliche Fragen zum Verfügungsfonds klären soll. Dazu gibt es einen regen Austausch mit dem Städtenetz Soziale Stadt NRW – einem freiwilligen Zusammenschluss von am Programm Soziale Stadt NRW beteiligten Städten. Die Ergebnisse werden zusätzlich mit den relevanten Ministerien abgeglichen. Am Ende soll die für Wuppertal erarbeitete Handreichung Sicherheit und Klarheit für den Beirat, das Quartiermanagement, die Stadtverwaltung und für Projektantragsteller schaffen.
Aus der Frage, ob Schulprojekte vom Verfügungsfonds gefördert werden sollten, oder ob nicht eher Stadt und Land in die Pflicht genommen werden müssten, entwickelte sich eine rege Diskussion. Eine Entscheidung wurde hier nicht getroffen. Vielmehr wendete sich das Gespräch der künftigen Ausrichtung der Kriterien für eine Antragsbewilligung zu.
Zukünftig soll der Fokus der Projektanträge noch stärker auf quartiersorientierte Vorhaben liegen, mit denen auch bereits funktionierende Netzwerke etabliert werden.
Hauptkriterium für Anträge beim Verfügungsfonds bliebe aber ein erkennbarer Mehrwert für die Menschen im Quartier – darin waren sich alle einig. Andreas Röhrig fasste die Strategie kurz zusammen: „Eigentlich bleibt alles beim Alten. Nur fassen wir es anders an.“
Sobald die Handreichung erstellt ist, kommt der Beirat zusammen, um darüber zu diskutieren.