Wie aus einer Idee ein konkretes Projekt wird, erleben gerade die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Erinnerungskultur“ auf der Hilgershöhe. Mit finanzieller Hilfe des Verfügungsfonds wollen sie das vergessene Europadorf, an das heute lediglich der Name der Anne-Frank-Siedlung erinnert, wieder ins Gedächtnis der Menschen holen. Jetzt steht die Antragstellung kurz bevor.
Auf der jüngsten Sitzung des großen Arbeitskreises Hilgershöhe-Klingholzberg, aus dem sich die AG Erinnerungskultur gegründet hat, wurde der aktuelle Sachstand vorgestellt. Sabine Münch vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) berichtete, dass der Bürgerverein Langerfeld kurzfristig den Förderantrag beim Verfügungsfonds stellen werde. Denn am 14. März komme bereits der Verfügungsfonds-Beirat das nächste Mal zusammen. Der antragstellenden Institution kommt immer eine große Bedeutung zu, denn sie muss später auch die Abrechnung mit der Koordinationsstelle „Soziale Stadt“ vornehmen. Dass die Arbeitsgruppe nun konkret eine Art lebendige Gedenkstätte plane, erläuterte Andreas Bialas, Mitglied des NRW-Landtags und der Bezirksvertretung Langerfeld-Beyenburg. Dazu fasste noch einmal die Bedeutung des Europadorfs zusammen, die weit über den Klingholzberg hinausstrahlte.
Als es von Pater Piré, dem ebenfalls eine Straße im Quartier gewidmet ist, gebaut wurde, sollte es ein Ort der Hilfe für Geflohene, aber gleichzeitig auch der Völkerverständigung sein. Zur Grundsteinlegung 1959 kamen rund 5000 Personen, darunter hochkarätige internationale Politiker wie Charles de Gaulle. Otto Frank, Vater von Anne Frank, brachte Erde aus dem KZ Bergen-Belsen mit, in dem seine Tochter ermordet worden war. So war das Europadorf seinerzeit von europaweiter Wichtigkeit. Doch irgendwann verschwand das Wissen um diese Wohnsiedlung und ihre ideellen Hintergründe aus dem Bewusstsein der Bevölkerung.
Um die Erinnerung wieder lebendig werden zu lassen, soll gemeinsam mit Interessierten aus dem Quartier ein Kunstwerk geschaffen werden. Dazu soll es Ideenwerkstätten und Veranstaltungen geben. Ein Künstler soll aus den Ergebnissen dann ein Konzept erstellen, das in einem zweiten Schritt unter Beteiligung der Nachbarschaft realisiert werden soll. Parallel zur Entstehung dieses Kunstwerks, das an einem „Ort der Erinnerung“ nahe des Anne-Frank-Hofs errichtet werden soll, führt die Gesamtschule Langerfeld Fahrten zu Gedenkstätten durch. Von dort wird von den jeweiligen Gruppen Erde mitgebracht – so wie es seinerzeit Otto Frank gemacht hat. Diese Erde soll bei einem jährlichen Fest ins Kunstwerk eingebracht werden. „Wer sagt denn, dass Gedenkfeiern immer traurig sein müssen?“, fragte Andreas Bialas. Der Arbeitsgruppe schwebe stattdessen ein fröhliches Nachbarschaftsfest vor. Sabine Münch appellierte jetzt schon an die anderen Akteure im Quartier, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie sich einbringen wollen.